Beweidungskonzepte

Die Beweidungskonzepte werden auf die sehr unterschiedlichen betrieblichen Bedingungen der Schäfereien zugeschnitten. Dafür arbeiten alle drei Verbundpartner eng mit den Schäfereibetrieben zusammen. Ziel dieser Konzepte ist es, die bisherige Flächeninfrastruktur der Schäfereien, bestehend aus für den Naturschutz wichtigen Pflegeflächen, Futterflächen und verbindenden Triebwegen gemeinsam zu prüfen, bei Bedarf zu optimieren und einen Biotopverbund zu schaffen. Futterflächen sind dabei wichtig, da Pflegeflächen nicht das ganze Jahr beweidet werden und der geringe Aufwuchs auf diesen in Zusammenhang mit dem Klimawandel und geringen Niederschlägen auch nicht ausreicht, um die Herde im Jahresverlauf zu versorgen. Durch die optimierte Vernetzung soll die Pflege wertgebender Naturschutzflächen verbessert und langfristig sichergestellt werden, aber auch die arbeitswirtschaftliche Situation der Betriebe verbessert werden.

 

Winterweide

Bei den Beweidungskonzepten muss berücksichtigt werden, dass die Schäfereien im Jahresverlauf planen müssen. Im Sommer erfolgt die eigentliche Pflegenutzung auf eigenen oder gepachteten extensiven Grünländereien und Naturschutzflächen.. Die Winterweide hingegen stellt bei vielen Schäfereien einen Engpass im Jahresverlauf dar, weil sie vorwiegend auf Fremdflächen stattfindet. Mit der nun verpflichtend gewordenen Mindestbodenbedeckung in sensibelsten Zeiten auf Ackerflächen (GLÖZ 6 aus der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023) ergibt sich die Chance, wertvolles Winterfutter zu generieren und neue Kooperationen zwischen Ackerlandwirten und Schäfereien zu begründen. Denn eine Beweidung von Zwischenfrüchten kann sehr positive Auswirkungen auf die Ackerflächen haben: u. a. muss weniger Aufwuchs eingearbeitet werden, es erfolgt eine Anregung des Bodenlebens über den Eintrag von Harn und Kot und die Trittwirkung der Schafe schützt vor Erosion und verringert Beeinträchtigungen durch Beikraut und Nager. Vor allem aber kann gutes Futter für die Schafe in der Winterzeit bereitgestellt und somit die Anzahl der Stalltage und das für die Zufütterung benötigte Heu deutlich reduziert werden. Das Projekt möchte diese Win-win-Situation durch Vermittlung und Schaffung von initialen Anreizen oder auch Recherchearbeiten und Veröffentlichungen weiter fördern und bekannter machen.
Seit 2023 besteht dazu Kontakt zu zwei engagierten Ackerbaubetrieben, die für den Herbst/Winter 2023 insgesamt 64 ha gut arrondiertes Ackerland mit teilweise nicht abfrierenden Saatgutmischungen bestellt haben. Diese Ackerflächen wurden kooperierenden Schäfereibetrieben aus der Umgebung zur Verfügung gestellt. Im Dezember wurde ein Großteil der Zwischenfruchtflächen beweidet. Die Bedingungen waren jedoch deutlich erschwert durch die hohen Niederschlagsmengen und die damit einhergehenden nassen Ackerböden und teilweise sogar Überschwemmung der Ackerflächen in der Werraaue. Alle Herausforderungen in der Testphase wurden in Rücksprache mit den teilnehmenden Betrieben dokumentiert. Dies betrifft insbesondere die Auswahl des Saatgutes, den Zeitpunkt und die Flexibilität bei der Beweidung und die Möglichkeit, benachbarte Grünlandflächen als Ausweichflächen zur Verfügung zu stellen.

 

Optimierung der bewirtschafteten Flächenkulisse

Um eine bessere Vernetzung der Flächen zu erreichen, berichten uns die Schäfereien zunächst über ihre derzeitige Situation. Wir erfassen die bereits bewirtschafteten Flächen und gehen gemeinsam problematische Engstellen (wie z. B. zugewachsene Triebwege) und für eine Beweidung interessante zusätzliche Weideflächen durch. Im Anschluss prüfen wir, wo eine Flächensicherung und/oder eine Flächenaufwertung möglich ist.

Seit 2022 legt die Planung ihren Fokus verstärkt auf eine bessere Arrondierung der Maßnahmeflächen zum Zwecke einer funktionalen Biotopvernetzung. Da es insbesondere im nördlichen Bereich des Projektgebietes an vielen Stellen zu Überschneidungen zwischen den Beweidungskorridoren kommt, ist dort eine Entzerrung der Korridore wichtig. Es besteht zwar insgesamt ein gutes und kooperatives Verhältnis zwischen den Betrieben, das auf gegenseitiger Unterstützung und Rücksichtnahme basiert, trotzdem stellt eine enge Verzahnung der Korridore die Betriebe vor tierhygienische und organisatorische Herausforderungen.

Biotopverbund

Biotopverbund

Ein Biotopverbund dient der Vernetzung wertvoller, aber durch intensiver genutzte Bereiche voneinander getrennter Lebensräume. Wandernde Schafherden verbessern aktiv den Biotopverbund durch eine Verbreitung von Samen über Fell, Klauen und Kot oder sie dienen als „Taxis“ für wenig mobile Insektenarten.

Kontakt

Kontakt

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie nicht genutzte (auch stark verbrachte) und daher interessante Weideflächen im Bereich des Hotspots kennen!

Anne Hopf
Tel. +49 561 8047679
anne.hopf@uni-kassel.de

Dr. Sabine Budde
Tel. +49 5657 - 6449927
budde@naturparkfrauholle.land

Hilfsmittel Weidepraxis (HMWP)

Durch die zunehmend trockeneren Sommer spielt gerade auf abgelegenen Naturschutzflächen die Verbesserung der Wasserversorgung seit Projektbeginn eine wichtige Rolle. Vor allem um dies zu erleichtern und zur Herstellung des Grundschutzes vor dem Wolf wurden bisher folgende Hilfsmittel angeschafft: Wasserwägen, Netze, Weidezaungeräte, Akkus/Batterien, Solarpanels und Ladegeräte. Diese Materialien sind in größerem Umfang notwendig, da die Netze durch die Trockenheit deutlich öfter umgestellt werden müssen und auch größere Flächen benötigt werden, um die vorhandene Vegetation nicht zu stark zu schädigen. Außerdem wurden zwei überbetrieblich zu nutzende Geräte angeschafft: ein Lesegerät für Ohrmarken und eine kleine Waage. Bei Bedarf verleihen wir auch Material und Gerätschaften an die Schäfereien, die im Arbeitsalltag unterstützen (z. B. Kleingeräte und Werkzeuge für Biotoppflegemaßnahmen).

2023/2024  wurde aus dem bereits für die HMWP bewilligten Budget wurden fünf „Kleintierzelte“ angeschafft, stabile Weidezelte mit Stahlkonstruktion kleiner Bauart. Sie bieten einen temporären Unterstand für eine Beweidung in den Monaten mit widrigem Wetter, sprich einer sehr frühen oder späten Beweidung oder auch bei Initialbeweidung über längere Zeiträume. Ein großes Weidezelt dient nun der dezentralen Unterbring einer Herde. Zur Vervollständigung einer Wiege- und Sortiereinrichtung wurde ein Ohrmarkenlesegerät angeschafft, um die Erfassung zu automatisieren. Es wurden weitere Wassertransportanhänger beschafft, um die Beweidung von entfernt gelegenen Pflegeflächen zu unterstützen. Große Nachfrage bestand bei den Schutzzäunen für auf den Weiden neu gepflanzte Obstbäume. Hier wurden Befestigungspfosten aus Robinie, die Schutzgitter und Verschlussclipse für 70 Bäume den Betrieben zur Selbstmontage zur Verfügung gestellt. Größere, gemeinschaftliche Anschaffungen waren: Wassertransportanhänger, Viehtransportanhänger, insektenschonendes Doppelmessermähwerk samt Schleifvorrichtung für die Mähmesser und ein geländegängiger Pickup.

Zudem wurde in den Bereich der Lämmerproduktion investiert. Hier wurden eine kleine Wiege- und Sortiereinrichtung angeschafft; zudem ein weiterer Futterautomat, eine Futterraufe mit Dach und einfache Horden für das Herdenmanagement auf der Weide. Für den Bereich Fleischvermarktung wurde ein großer Kühlanhänger beschafft. Dieser bietet die Vorzüge einer ununterbrochenen Kühlkette und kann auch stationär als Kühlzelle genutzt werden. Für den Bedarf von nur kleinen Transportkapazitäten wurden Kühltransportboxen angeschafft, welche die Fleischmenge eines Lammes fassen. Zudem wurden zwei preisrechnende Ladenwaagen angeschafft mit vorprogrammierten Artikeln welche beim Wiegevorgang fertige Klebeetiketten mit allen Daten drucken. Dies ist für die Einhaltung der Bestimmungen bei der Frischfleischvermarktung nötig. Für die Betriebe wurden dazu betriebsindividuelle Etikettendesigns programmiert.

 

Einbindung von wertvollen Naturschutzflächen

Artenreiche Offenland-Lebensräume, wie Magerrasen, Borstgrasrasen oder Mähwiesen, sind im Hotspot 17 weitestgehend durch Schutzgebiete gesichert und viele dieser Lebensräume werden auch bereits beweidet. Dennoch stoßen wir bei unseren Flächenbegehungen immer wieder auf stark mit Gehölzen zugewachsene, verbrachte Bereiche, die nach einer Entbuschung gut in bestehende Beweidungskonzepte integriert werden können. Aber auch außerhalb der Schutzgebiete gibt es viele für den Naturschutz hoch interessante Flächen (z. B. alte Streuobstwiesen), die aufgrund der fehlenden Nutzung zunehmend verbrachen. Extensiv genutzte Grünlandflächen oder auch Streuobstwiesen schaffen außerdem als Pufferflächen einen Abstand zwischen Magerrasen und intensiv genutzten Ackerflächen und sind daher von besonderem Interesse für eine Einbindung in die Beweidungsrouten. Auf Landschaftsebene dienen die Beweidungskonzepte dem weiteren Ausbau des Biotopverbunds.

 

Input von Akteuren aus der Region

Nicht nur die Schäfereien selbst, sondern auch verschiedene Naturschutz-Akteure aus der Region liefern uns Input für die Beweidungskonzepte. So haben wir beispielsweise zu Anfang des Projekts zusammen mit Vertretern der Oberen und Unteren Naturschutzbehörde naturschutzfachliche Schwerpunkträume identifiziert, in denen auch ganz neue Beweidungskorridore entstehen können. Auch Naturschutzverbände, das Landwirtschaftsamt oder am Naturschutz interessierte Privatpersonen machen uns regelmäßig auf Flächen aufmerksam, die in die Beweidungsgänge der Schäfereien eingebunden werden können und tragen dadurch aktiv zur Gestaltung der Beweidungskonzepte bei. Wir suchen auch weiterhin nach Flächen, die mit Schafen oder Ziegen beweidet werden können. 

 

Langfristige Umsetzung der Beweidungskonzepte

Alle Beweidungskonzepte werden gegen Ende des Projekts in einem integrierten Gesamtkonzept zur Schafbeweidung im Hotspot 17 zusammengeführt. Dieses enthält z. B. Vorschläge für einen sinnvollen Einsatz von Dritt- und Ausgleichsmitteln zur Flächensicherung oder -aufwertung nach Projektende und zeigt Möglichkeiten zur Anbindung von angrenzenden Biotopverbunden außerhalb der Hotspot-Grenzen auf. Um eine Fortsetzung der im Projekt begonnenen Arbeiten zu ermöglichen, übergeben wir das Gesamtkonzept an die Landschaftspflegeverbände und an alle weiteren interessierten Naturschutz-Akteure im Hotspot.

 

Stand: Dezember 2024


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